Sina Riffel

Tiertherapie und Hundetraining

2022-05-01

Katzen sind Einzelgänger – oder etwa nicht?

Katzen sind Einzelgänger. Diese Aussage gilt auch heute noch für viele Menschen als Tatsache. Pauschal kann sie aber nicht mit ja oder nein beantwortet werden. Ob Katzen Einzelgänger sind, hängt hauptsächlich von folgenden Faktoren ab:

• Sozialisierung
• Charakter
• Erfahrung

Sozialisierung
Ab dem Zeitpunkt, ab dem Kätzchen beginnen miteinander zu spielen bis zum Ende der Sozialisierungsphase (ca. 4. bis 12./15. Woche) werden die Weichen dafür gestellt, ob die Katze später gut verträglich mit Artgenossen ist. Wächst das Kätzchen in dieser Zeit mit Mutter, Geschwistern oder anderen Artgenossen auf, ist sie i.d.R. auch später gut verträglich mit anderen Katzen. Wird das Kätzchen aber zu früh von der Familie getrennt oder wächst sogar ganz allein als Flaschenkind auf, wird sie später eher zurückhaltend oder sogar aggressiv auf Artgenossen reagieren.
Wichtig ist, dass die Erfahrungen, die das Kätzchen in der Sozialisierungsphase mit Artgenossen macht, positiv sind. Sollten also weitere Katzen im Haus leben, muss darauf geachtet werden, dass sich diese den kleinen Stubentigern gegenüber nicht aggressiv verhalten oder sie sogar mobben.
In der Sozialisierungsphase entscheidet sich auch, wie Katzen später auf Menschen reagieren. Daher ist es wichtig, dass die Kätzchen in dieser Zeit auch viel positiven Kontakt zu Menschen haben.

Charakter
Genau wie bei Menschen, gibt es auch unter den Katzen extrovertierte Exemplare, die sehr kontaktfreudig sind, und introvertierte Tiere, die lieber zurückgezogen und in Ruhe leben. Introvertierte Katzen leben oft lieber als Einzelgänger, da ihnen das Leben mit Artgenossen zu stressig ist, während extrovertierten Katzen ohne Artgenossen schnell langweilig wird.

Erfahrung
Gerade während der ersten Wochen sind positive Erfahrungen wichtig, damit die Katze gesellig wird. Aber auch später können negative Erlebnisse noch dafür sorgen, dass Katzen lieber Abstand von Artgenossen halten. Werden sie regelmäßig attackiert oder gemobbt, können auch ehemals gesellige Tiere zukünftig den Kontakt mit anderen Katzen meiden.
Selbst bei Tieren im gleichen Haushalt kann es vorkommen, dass sich ein ehemals gutes Verhältnis so verschlechtert, dass ein weiteres Zusammenleben kaum oder gar nicht mehr möglich ist, zumindest nicht ohne eine fachkundige Therapie. Ein häufiges Problem ist, dass eine Katze vom Tierarzt kommt und den Geruch der Praxis mitbringt. Die daheim gebliebene Katze erkennt den Geruch ihres Mitbewohners nicht und attackiert ihn. Die Katze, die vom Tierarzt kam, kann durch diese Aktion so traumatisiert sein, dass sie ihren Mitbewohner zukünftig als Feind ansieht.  IMG-20220126-WA0005.jpg

Ob eine Katze Artgenossen braucht, hängt zum Großteil auch von der Haltung ab. Freigänger brauchen nicht unbedingt einen kätzischen Mitbewohner im eigenen Haushalt. Durch den Freigang kommt bei ihnen keine Langeweile auf. Wenn sie Kontakt mit Artgenossen möchten, können sie diesen mit anderen Katzen im Revier aufnehmen.
Für Wohnungskatzen dagegen, ist ein kätzischer Mitbewohner eine gute Möglichkeit ihren Jagdtrieb beim gemeinsamen Spielen auszuleben. Gerade wenn ihr Mensch mal etwas länger außer Haus ist, ist eine weitere Katze in der Wohnung ideal, um Langeweile und Einsamkeit zu verhindern. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass sich die Mitbewohner gut verstehen.

Woher kommt nun aber die Annahme, dass Katzen Einzelgänger sind? Der Vorfahre unserer Hauskatze, die Falbkatze, ist tatsächlich ein Einzelgänger. Der Grund dafür ist rein praktisch: die Falbkatze stellt so sicher, dass sie ihre Beute nicht teilen muss. Gerade wenn das Futterangebot mal knapp ist, kann dieses Vorgehen überlebenswichtig sein. Dieser Instinkt ist auch heute noch in unseren Hauskatzen erhalten geblieben. Auf die Jagd gehen Katzen daher allein. Außerhalb der Jagdphasen verbringen unsere Stubentiger aber dann auch gern Zeit mit Artgenossen. Anders als Hunde leben sie nicht im Rudel, sondern in lockeren Sozialverbänden, in welchen es keine festen Rangordnungen gibt.

Ob das Zusammenleben von Katzen in einem Haushalt gut funktioniert, hängt neben den oben genannten Kriterien auch noch von folgenden Aspekten ab:
• passendes Alter
• passender Charakter
• passendes Geschlecht

Passendes Alter
Katzen im gleichen Haushalt sollten ein ähnliches Alter haben. Sucht man für einen menschlichen Teenager einen Spielkameraden, käme man auch nie auf die Idee, dass ein Baby die ideale Wahl wäre. Bei Tieren ist es genauso. Natürlich gibt es die seltenen Fälle, in denen ältere Tiere durch jüngere Mitbewohner aufblühen, meist sind sie aber eher durch die Energie der Kleinen genervt. Die Welpen oder Kitten hingegen langweilen sich schnell mit den älteren Mitbewohnern. Das kann zu starken Konflikten zwischen den Tieren führen, wenn das Jüngere immer wieder versucht das Ältere zu animieren und dieses es genervt zurückweist.

Passender Chrakter
Auch die Charaktere müssen zusammenpassen. Ist eine Katze sehr dominant und extrovertiert und die andere eher schüchtern und introvertiert, kann es schnell zu extremen Dominanzverhalten oder im schlimmsten Fall sogar zum Mobbing kommen. Sollte allerdings eine extrem schüchterne oder ängstliche Katze im Haus leben, kann es durchaus sinnvoll sein, ein etwas aufgeschlosseneres und mutigeres Tier aufzunehmen, da dieses der introvertierten Katze helfen kann sicherer zu werden. Das funktioniert aber eben nur, wenn die Zweitkatze nicht zu dominant ist.

Passendes Geschlecht
Auch die Geschlechter der Mitbewohner spielen eine große Rolle. Bei Geschwisterpaaren werden gern ein Mädchen und ein Junge adoptiert. Das funktioniert zunächst meist problemlos. Nach der Geschlechtsreife ändert sich aber das Spielverhalten. Kater spielen dann rabiater und bevorzugen Kampfspiele. Kätzinnen hingegen ziehen Objektspiele vor. Es kann daher für die Kätzinnen schnell anstrengend werden, wenn der Bruder sie immer wieder spielerisch attackiert. Die Kater versuchen dann häufig die Schwestern zu dominieren. Im schlimmsten Fall kann es auch hier in Mobbing ausarten. Daher sollten besser gleichgeschlechtliche Katzen in einem Haushalt leben.

IMG-20210523-WA0018.jpgWichtig ist noch zu wissen, dass selbst Katzen die lange Zeit friedlich mit einem Artgenossen zusammengelebt haben, zu Einzelgängern werden können, wenn sie längere Zeit allein leben. Stirbt also eine Katze im Haushalt ist es nachvollziehbar, dass der Mensch diese nicht sofort ersetzen will. Immerhin war sie ein Familienmitglied und kann nicht einfach ausgetauscht werden. Lebt aber eine zweite Katze im Haus, die tendenziell wieder einen Mitbewohner bekommen soll, sollte mit der Anschaffung einer neuen Katze nicht zu lange gewartet werden. Je länger die im Haushalt verbliebene Katze allein bleibt, desto schwerer wird es ihr fallen ihr Revier wieder zu teilen.
Hat sich die verbliebene Katze zudem gut mit dem verstorbenen Mitbewohner verstanden, wird sie unter dessen Abwesenheit leiden. Daher sollte auch im Sinne der Katze nach einer kurzen Trauerzeit wieder ein passender Artgenosse einziehen.

Fazit: Katzen können Einzelgänger sein oder eben auch nicht. Es ist wichtig zu wissen, welche Katze bei Ihnen im Haus lebt. Sollten Sie einen Einzelgänger haben, machen Sie ihm mit einem Mitbewohner keine Freude. Auch wenn Sie selbst gern zwei oder mehr Katzen hätten, sollten Sie dann zum Wohle des Tieres entscheiden. Der Gedanke, dass ein Einzelgänger sich nach einiger Zeit schon an den Mitbewohner gewöhnen und ihn gern haben wird, trifft definitiv nicht zu. Im besten Fall kommt es zu einer friedlichen Co-Existenz. Im schlimmsten Fall wird ihr Zuhause zu einem Kriegsschauplatz.
Bei Einzelhaltung und reiner Wohnungshaltung muss der Mensch dafür sorgen, dass der Katze trotzdem genug Abwechslung und Beschäftigung geboten wird.
Andersherum sollte eine Katze nicht allein in der Wohnung gehalten werden, wenn sie gut auf Artgenossen sozialisiert ist.

Als Tiertherapeutin berate ich Sie gern zur Anschaffung, dem Einzug einer Zweitkatze oder wenn es bereits Probleme im Mehrkatzenhaushalt gibt.

Admin - 14:38:22 @ Katze | Kommentar hinzufügen

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